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Die Leichtigkeit des Seins

(auf einer Kiste) 

Dienstagmorgen. Wir erledigen die üblichen Besorgungen für die Waisenhäuser. Inmitten eines Gemüsegeschäfts sitze ich auf einer Holzkiste und beobachte das Geschehen. Einzelne Sonnenstrahlen berühren meinen Arm. Der Wind trägt den ausgeprägten Duft der Straße zu mir, zusammen mit dem lieblichen Aroma vom Chai in meiner Hand. Tiefes Einatmen. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen, um die Geräusche auf mich einwirken zu lassen. Eine Harmonie voller Dissonanzen. Ich öffne meine Augen und sehe strömende Lebendigkeit vor mir. Keine Beständigkeit. Das wandelnde Gesicht ist die beständige Sicherheit. Eine Hektik, die mir inneren Frieden schenkt. An diesem Ort endet meine Suche. Die Suche danach, unbenannt zu sein. Der Namenlose. Unsere erhaltene Identität hält uns davon ab, jemand anderes zu sein. Was für eine Entdeckung, keinen Namen mehr zu haben. Einfach sein zu dürfen, umgeben von einer fremden Welt, die dich erkennen lässt, wer du bist. Welche wirklichen oder nur eingebildeten Dinge wir sind. Wie viele Rollen wir doch spielen und wie viele Masken wir tragen. In diesem Augenblick werfe ich sie fort. Ein Gefühl von Leichtigkeit umgibt mich. Weil ich nichts Besonderes mehr bin, bin ich alles.

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